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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 15.08.2007
Aktenzeichen: 2 W 142/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6 | |
ZPO § 37 | |
ZPO § 239 | |
ZPO § 249 | |
ZPO § 329 Abs. 2 |
2. Die Vorlage ist unzulässig, wenn es an einer rechtskräftigen Erklärung der Unzuständigkeit eines beteiligten Gerichts fehlt, weil der entsprechende Beschluss einer Partei nicht nach § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO mitgeteilt worden ist.
2 W 142/07
Beschluss
In dem Rechtsstreit
hier: Bestimmung des zuständigen Gerichts nach §§ 36 Abs. 1 Nr. 6, 37 ZPO,
hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die Aktenvorlage durch das Amtsgericht Bremen vom 20./26.06.2007 beschlossen:
Tenor:
Die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach §§ 36 Abs. 1 Nr. 6, 37 ZPO wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Klägerin hat gemäß Mahnbescheid vom 30.08.2005 eine Vergütung für die Bereitstellung und Nutzung eines Mobilfunkanschlusses gemäß Vertrag vom 30.09.2004 in Höhe von 285,77 Euro nebst Zinsen gegen den Schuldner E. R. L., zur Zeit des Vertragsschlusses wohnhaft in 23879 Mölln, geltend gemacht. Der Mahnbescheid wurde dem Schuldner am 1.09.2005 unter der angegebenen Anschrift zugestellt. Er verstarb nach Einlegung des Widerspruchs am 16.03.2006 an seinem letzten Wohnsitz in Ratzeburg. Gemäß Erbschein vom 25.04.2006 ist sein Alleinerbe J. U. L., zur Zeit der Ausstellung des Erbscheins wohnhaft in 28327 Bremen. Das Mahngericht gab die Akten an das im Mahnbescheid angegebene Prozessgericht - das Amtsgericht Mölln - ab, wo diese am 18.12.2006 eingingen. Das Amtsgericht Mölln wies die Parteien gemäß Verfügung vom 17.04.2007 darauf hin, dass es sich für örtlich unzuständig halte, örtlich zuständig dürfte das Amtsgericht Bremen sein. Das Schreiben konnte dem Erben (künftig: Beklagter) nicht zugestellt werden. In der Zustellungsurkunde vom 25.04.2007 heisst es, der Adressat sei unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln, die Recherche sei negativ verlaufen. Seine zutreffende Anschrift geht aus den Akten nicht hervor. Auf Antrag der Klägerin hat sich das Amtsgericht Mölln durch Beschluss vom 2.05.2007 (Bl. 47 d. A.) für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Bremen verwiesen. Dieser Beschluss ist jedenfalls nicht dem Beklagten mitgeteilt worden. Ob eine Mitteilung des Beschlusses an die Klägerin hinausgegangen ist, ist unklar (Bl. 47, 47 R d.A.). Das Amtsgericht Bremen hat sich durch Beschluss vom 20.06.2007 (Bl. 54/55 d. A.) unter Hinweis auf § 29 ZPO ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt und die Sache dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht in Schleswig zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II.
1. Der Vorlage im Rahmen eines negativen Kompetenzkonfliktes nach §§ 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO steht die Unterbrechung des Rechtsstreits durch den Tod des früheren Antragsgegners am 16.03.2006 nach §§ 239, 249 ZPO nicht entgegen, weil dem Bestimmungsverfahren nur vorbereitende Bedeutung zukommt und ein Interesse an der Klärung besteht, welches Gericht für den Fortgang des Verfahrens - etwa gemäß § 250 ZPO - zuständig ist (vgl. zum Fall des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO BayObLGZ 1985, 314).
2. Die Vorlage ist jedoch unzulässig. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen nicht vor, weil es an einer "rechtskräftigen" Unzuständigkeitserklärung verschiedener Gerichte fehlt. Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Mölln vom 2.05.2007 stellt keine rechtskräftige Unzuständigkeitserklärung dar, weil er jedenfalls nicht dem Beklagten nach § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO mitgeteilt worden ist (BGH NJW-RR 1995, 641; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 329 Rn. 22). Entsprechendes gilt für den Beschluss des Amtsgerichts Bremen (Vgl. Bl. 56 d. A.). Es ist auch nicht Aufgabe des Oberlandesgerichts als bestimmenden Gerichts, die Anschrift des Beklagten zu ermitteln und die unterbliebenen Mitteilungen nachzuholen (BGH a.a.O.).
3. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass im Falle einer zulässigen Vorlage viel dafür gesprochen hätte, das Amtsgericht Mölln zum zuständigen Gericht zu bestimmen. Sein Verweisungsbeschluss hätte dieser Bestimmung nicht entgegen gestanden, weil er als offensichtlich gesetzeswidrig zu werten gewesen und ihm deshalb nicht die grundsätzlich bindende Wirkung nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO zugekommen wäre. Das Amtsgericht Mölln hätte den Rechtsstreit nicht wegen örtlicher Unzuständigkeit nach § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO verweisen dürfen, weil es örtlich zuständig war. Diese Zuständigkeit bestand und besteht jedenfalls aus dem Gesichtspunkt des besonderen Gerichtsstandes des Erfüllungsortes nach §§ 29 ZPO, 269 Abs. 1 BGB, worauf schon das Amtsgericht Bremen zutreffend hingewiesen hat. Da ein anderer Ort für die Leistung - hier die Zahlung des Schuldners - weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist, hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte. Das war unzweifelhaft im Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Mölln. Dieser Gerichtsstand ist durch den Tod des Schuldners nicht geändert worden, weil das Vermögen des Verstorbenen als Ganzes, also die Gesamtheit der Rechtsverhältnisse (vgl. Palandt/Greger, BGB, 56. Aufl., § 1922 Rn. 12), nach § 1922 BGB auf den Erben übergegangen ist. Das Mahngericht hat das Verfahren auch bestimmungsgemäß an das Amtsgericht Mölln abgegeben. Die bis zu diesem Zeitpunkt noch zulässige Abgabe an ein anderes Gericht hatten die Parteien zuvor nicht verlangt (§ 696 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mit dem besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes hat sich das Amtsgericht Mölln nicht auseinandergesetzt. Ob dieser Fehler allein ausgereicht hätte, Willkür zu begründen, kann offenbleiben. Jedenfalls wäre hier Willkür in Verbindung mit weiteren Umständen anzunehmen gewesen. So hat das Amtsgericht Mölln das Gebot rechtlichen Gehörs verletzt, weil es vor der Verweisung den Beklagten nicht angehört hat (Zöller/Vollkommer a.a.O. § 36 Rn. 28 m.w.Nw.). Ferner ist unklar, ob überhaupt Bremen als gesetzlicher Gerichtsstand des Beklagten zum Zeitpunkt des Eingangs der Akten beim Amtsgericht Mölln am 18.12.2006, der nach seiner Auffassung als maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Zuständigkeit gelten soll, in Betracht kommt. Denn es steht nicht fest, dass der Beklagte zu dieser Zeit im Bezirk des Amtsgerichts Bremen seinen Wohnsitz hatte (§§ 12, 13 ZPO). Zwar weist der Erbschein vom 25.04.2006 eine auf Bremen lautende Anschrift aus. Indessen konnte am 25.04.2007 unter dieser Anschrift keine Zustellung mehr erfolgen, so dass nicht ausgeschlossen ist, dass der Beklagte bereits vor dem 18.12.2006 seinen Wohnsitz in einen anderen Gerichtsbezirk hatte.
4. Nach allem waren die Akten an das Amtsgerichts Mölln zurückzugeben.
Ende der Entscheidung
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